Wie geht es den Christen im Nordirak?
Eine Delegation der „Initiative Christlicher Orient“ (ICO), mit Obmann Slawomir Dadas und Geschäftsführerin Michlin Alkhalil an der Spitze, hat gemeinsam mit dem Innsbrucker Bischof Hermann Glettler der Nordirak bereist. Die Solidaritätsreise vom 8. bis 16. Juli 2023 galt besonders der christlichen Minderheit, aber auch den Jesiden vor Ort.
Samstag, 8. Juli
Nach einer problemlosen Anreise (Flug von Wien aus) erreichen wird Erbil um ca 15 Uhr. Die Prozedur vor Ort am Flughafen, wo wir das Visum kaufen müssen, ist ein wenig mühsam, letztlich aber erfolgreich (und mit jeweils 72 Dollar pro Person auch recht teuer). – Wir, das sind: Bischof Hermann Glettler, ICO-Obmann Slawomir Dadas, ICO-Geschäftsführerin Michlin Alkhalil, ICO-Projektkoordinator Stefan Maier, Gisela Novak, Johannes Seidel vom Innsbrucker Priesterseminar und meine Wenigkeit, ICO-Chefredakteur Georg Pulling. Außerdem fliegen mit uns noch Hr. Nabil und seine Frau Ouida. Sie stammen ursprünglich aus Syrien, sind in Österreich anerkannte Flüchtlinge und wollen in Erbil ihre Angehörigen aus Syrien treffen. Leider nicht mitreisen konnte ein weiterer Innsbrucker Priesterseminarist, Stephen Dsouza, dessen Visum nicht rechtzeitig einlangte.
Herzlich von Pfarrer Samir empfangen, fahren wir in Privatautos nach Ankawa, der christlichen Schwesterstadt der Millionenmetropole Erbil. Im Hotel Karlovy Novy setzen wir Hrn. Nabil und seine Frau Ouida ab, die auf ihre Verwandten warten. Es folgt noch ein gemeinsames sehr spätes Mittagessen oder frühes Abendessen (je nach Perspektive, die Prozedur wird sich noch öfters wiederholen) in einem nahen Restaurant. Dabei bekommt Pfarrer Samir, der heute Geburtstag hat, auch noch eine Sachertorte überreicht und einige mehrstimmige Geburtstagsständchen dargeboten.
Schließlich setzten wir uns bei schon fast einbrechender Dunkelheit in Bewegung. Um ca. 22 Uhr erreichen wir Enishke und beziehen unsere Bungalows bzw. Bischof Hermann die “Patriarchensuite” im Pastoralzentrum von Enishke. – Gute Nacht.
Einige Infos zur chaldäischen Pfarre Enishke im nordirakischen Kurdistan |
Das Dorf Enishke liegt auf 1.200 Metern Meereshöhe im Norden der autonomen Region Kurdistan, nahe der Grenze zur Türkei im Tal des Flusses Sapna. Es ist dies eine landschaftlich sehr reizvolle Gegend, reich an Wasser, mit vielen Wasserfällen und Höhlen. Die Region wird wegen ihres im Sommer angenehmen Klimas von vielen Menschen aus der irakischen Hauptstadt Bagdad oder anderen Regionen des Iraks gerne besucht, um der brütenden Sommerhitze mit oftmals auch 50 Grad und mehr zu entfliehen.
Enishke liegt zwischen zwei Gebirgszügen, die Teil der Zagros-Gebirgskette sind, auf einem wichtigen Weg, der die Regionen Amadya und Zakho verbindet. Auf beiden Seiten dieses Weges gibt es mehrere christliche Dörfer, von denen sechs katholisch (chaldäisch) sind und drei von Angehörigen der Kirche des Ostens (Assyrern) bewohnt werden.
Enishke wurde 1962 im Rahmen des Konflikts zwischen den Kurden und der irakischen Zentralregierung in Bagdad durch Luftangriffe der irakischen Luftwaffe zerstört. Die Bewohner, darunter auch die Familie des aktuellen Gemeindepriesters Samir Youssif, flohen in die Großstadt Mossul und kehrten erst nach der Erlangung einer (damals nur recht kurzlebigen) Autonomie des irakischen Teils Kurdistans wieder zurück, um das Dorf nach und nach wiederaufzubauen. Dieses wird heute von 107 – überwiegend chaldäischen - Familien bewohnt, aber im Winter sinkt die Zahl auf 84 Familien, weil einige Familien Kinder in Universitäten oder Privatschulen in der Stadt Dohuk haben und deshalb dort eine Wohnung für den Winter mieten.
Die Geschichte der christlichen Präsenz im Dorf reicht bis ins neunte Jahrhundert zurück, wie die Ruinen eines alten Klosters aus dieser Zeit beweisen. Außerdem gibt es in den Bergen der Umgebung zahlreiche Höhlen, die einst von Mönchen bewohnt wurden. Diese gehen jedoch auf das 16. Jahrhundert zurück. Ältestes Gotteshaus ist die Georgskapelle, die auf das Jahr 1712 zurückgeht. –Die Kapelle wurde auch mit Unterstützung der ICO renoviert. Bis 1952 lebten auch zehn jüdische Familien im Ort, die dann allerdings nach Israel auswanderten.
Der erste Kontakt der ICO zur Pfarre von Enishke erfolgte um 2010, als ICO-Gründer Prof. Hans Hollerweger auf Besuch kam. Dies war auch die Zeit, als der aktuelle Gemeindepriester Samir Youssif seinen Dienst in Enishke antrat. Erste kleine Hilfsprojekte im Ort wurden realisiert. 2012 besuchte eine große ICO-Delegation die Pfarre. Bei den damaligen Gesprächen wurden von den Bewohnern einige wichtige Anliegen an die ICO herangetragen. Konkret handelte es sich um den Wunsch nach der Errichtung eines Pfarrkindergartens im Ort sowie eines pastoralen Zentrums und einer Wohnung und einem Büro für den Pfarrer. Die Kinder verbrachten damals ihre ganze Zeit zu Hause, denn es gab keinen Ort, an dem sie betreut werden konnten. Das erste Bauprojekt, das die ICO in Enishke mitfinanzierte (zusammen mit Kirche in Not), war deshalb tatsächlich der Bau des Kindergartens, mit dem im Mai 2013 begonnen wurde. Schon im Oktober nahm der Kindergarten mit einer ersten Gruppe von 28 Kindern seine Tätigkeit auf. Der Bau hatte weniger als fünf Monate gedauert. Die offizielle Einweihung fand am 10. Mai 2014 statt.
Das zweite, von der ICO (zusammen mit Kirche in Not) finanzierte Bauprojekt war das Pastoralzentrum. Die Arbeiten begannen Ende Mai 2014, mussten dann aber notgedrungen unterbrochen werden, nachdem die Terror-Miliz IS die Großstadt Mossul eroberte und eine große Zahl von geflüchteten christlichen Familien in Enishke aufgenommen werden musste. Dazu kamen noch 340 jesidische Flüchtlingsfamilien sowie zahlreiche muslimische Vertriebene. - Alle wurden in Enishke mit offenen Armen aufgenommen. Die Familien wurden in Schulen, alten verlassenen Häusern, Wohnwagen und Zelten untergebracht und tatkräftig unterstützt. Die Pfarre half mit der Durchführung von Hilfsprogrammen, wie der Verteilung von Lebensmitteln, Öl, Kleidung, Möbeln, Elektrogeräten, Transportunterstützung und Bargeld.
Die ICO war damals die erste Organisation, die der Pfarre beträchtliche Mittel zur Verfügung stellte, um diese gewaltige Herausforderung zu bewältigen. Manche der Inlandsvertriebenen leben bis heute in Enishke, ebenso wie (zumeist muslimische) Kriegsflüchtlinge aus Syrien, die auch regelmäßig von der Pfarre unterstützt werden.
Im Mai 2015 nahm man die Arbeit am Pfarrzentrum wieder auf und der Bau war nach sechs Monaten abgeschlossen. Die Eröffnungsfeier fand im Oktober 2016 statt. Das Pastoralzentrum erwies sich als Segen für die Pfarre und die gesamte Region, denn das geräumige Gebäude ermöglicht seither die Durchführung einer Vielzahl von Aktivitäten und Treffen für alle Altersgruppen: Kinder- und Jugendarbeit, Aktivitäten für Frauen, Abhaltung von Ferienlagern im Sommer, Aufnahme von Gästen sowie spirituelle, sportliche und kulturelle Treffen. Der große Saal des Zentrums, das den Namen „Johannes Paul II“ trägt, wird seither auch regelmäßig genützt, um von der ICO finanzierte Lebensmittelpakete für Bedürftige zu packen und für die Verteilung vorzubereiten, so etwa im Rahmen der ICO-Corona-Nothilfe während der Pandemie, als unzählige Familien ihren Job verloren und in die Armut stürzten.
Immer zu Winterbeginn wurden in den letzten Jahren über die Pfarre viele bedürftige Familien – gleichgültig ob Einheimische, Vertriebene oder Kriegsflüchtlinge aus Syrien – mit Kerosin zur Beheizung ihrer Wohnungen versorgt.
Über Vermittlung der ICO ist die chaldäische Pfarre Enishke auch schon seit mehreren Jahren durch eine Pfarr-Partnerschaft mit der Wiener Pfarre Ober St. Veit besonders verbunden. Dank der finanziellen Unterstützung aus Wien konnten in der Vergangenheit bereits mehrere Projekte realisiert werden. Herausragend in dieser Zusammenarbeit ist jedoch die Unterstützung mehrerer Jugendlicher aus Enishke, die durch Stipendien eine gute Schulausbildung erhielten bzw. derzeit noch in Ausbildung sind.
Jüngstes ICO-Projekt vor Ort ist die Erweiterung des Kindergartens aufgrund der großen Nachfrage, auch aus umliegenden Dörfern. Während das Hilfswerk „Kirche in Not“ die Aufstockung des bestehenden Gebäudes um eine Etage finanziert, übernimmt die ICO die Möblierung und Ausstattung der neuen Klassenzimmer mit pädagogischem Material und Spielgeräten sowie – zusammen mit der MIVA Österreich – die Finanzierung eines zusätzlichen Kleinbusses für den Transport der Kinder.
Herz und Seele der hervorragenden Zusammenarbeit mit der Pfarre ist Pfarrer Samir Youssif, der seit 2010 die Geschicke der Pfarre leitet. Er ist in den Jahren unserer Partnerschaft zu einem verlässlichen Freund geworden, der sich auch über jeden Besuch der ICO freut. |
Sonntag, 9. Juli
Nach einem Frühstück im Pfarrzentrum besichtigen wir den Kindergarten. Das oberste Stockwerk ist im Rohbau schon weit gediehen, es bleibt freilich noch viel zu tun, bis alles fertig ist. Im Herbst soll der Kindergarten jedenfalls bereits den erweiterten Betrieb aufnehmen.
Dann sollen zu den Kindern aus Enishke nochmals so viele Kinder aus der Umgebung dazukommen. Diese werden dann auch aus muslimischen oder jesidischen Familien stammen. Der Kindergarten leistet damit auch einen Beitrag zum Zusammenleben im Land.
In der Stadt Ahmadiya besuchen wir Bürgermeister Warsin Salman, der uns von den Bemühungen der Behörde erzählt, das Land zu entwickeln. Die letzten Jahre sei dies aber zunehmend schwieriger geworden. Die Beziehungen der kurdischen Autonomie-Regierung zur Zentralregierung in Bagdad seien nicht die besten bzw. würden die Geldmittel nicht mehr so zahlreich bzw. auch nicht mehr sehr verlässlich fließen, wie dies eigentlich rechtliche vorgesehen wäre. Der Bürgermeister - er ist selbst Muslim – betont das gute Zusammenleben zwischen Muslimen und Christen in der Region Ahmadiya.
Bürgermeister Salman dankt der ICO für die Unterstützung, als es in den vergangenen Jahren galt, die vor dem IS aus der Ninive-Ebene geflüchteten Menschen zu versorgen, Christen und Jesiden. Er macht auch auf das tragische Schicksal der Jesiden aufmerksam. Viele von ihnen würden nach wie vor in Lagern leben, ohne Perspektiven, fast zehn Jahre nach ihrer Flucht. Gerade auch die Frauen und Kinder bräuchten besondere Hilfe.
In der Ortschaft Araden findet zu Mittag ein Gottesdienst statt. Dabei wird die kürzlich erfolgte Ernennung von Pfarrer Samir zum Monsignore nachgefeiert. Ebenso auch sein Geburtstag. Der Pfarrer steht der Messe vor, Bischof Hermann und der Bischof von Dohuk, Azad Shaba, konzelebrieren. Der kleine Simon wird uns als eifriger Ministrant vorgestellt, der den Wunsch hat, Priester zu werden. Im Anschluss an die Messe lädt die kleine Pfarre zu einem Fest- und Geburtstagsessen für Samir und die Delegation aus Österreich.
Am frühen Nachmittag besuchen wir die Kirche der heiligen Mahdokht (Sultana Mahadokht Kirche) in Araden. Laut Pfarrer Samir stammt sie aus dem 4. Jahrhundert, andere Quellen geben das 7. Jahrhundert an. Wie dem auch immer sei, es ist eine uralte, aber gut erhaltene und gepflegte Kirche. Ein beliebtes Pilgerziel, für Christen wie auch für Muslime. Es kommen vor allem auch viele Frauen verschiedener Religionen mit Kinderwunsch zur Kirche, um Maria um Hilfe zu bitten. Und nicht selten werden diese Gebete laut Samir auch erhört. (Mehr über die Heilige Mahdokht im ICO-Magazin Nr. 98, das im September erscheint.)
Am späten Nachmittag treffen wir in Enishke einige Jugendliche, die von der ICO, respektive der Pfarre Ober St. Veit unterstützt werden, damit sie eine gute Ausbildung erhalten. Eine Studentin fehlt: Gardenia. Sie ist gerade zum Studienabschluss in Europa unterwegs.
Die hohen Kosten für das Studium sind für viele nur durch die Unterstützung der Pfarre Ober St. Veit finanzierbar. Die jungen Leute müssen auch jeden Tag mit dem Taxi nach Dohuk zur Uni fahren und wieder zurück. Öffentliche Transportmittel in unserem Sinn gibt es im Irak nicht.
Die jungen Frauen und Männer studieren eifrig. Wie sieht es aber mit Arbeitsmöglichkeiten in Kurdistan aus? Jobs in der öffentlichen Verwaltung gibt es praktisch keine. Eine Zahl macht betroffen. Von 100 Uni-Absolventen finden nur 30 einen Job. 20 davon, weil sie gute Beziehungen haben und zehn aufgrund ihrer Leistung. Für die christliche Minderheit ist es dabei doppelt schwer. Die kurdischen Absolventen haben wesentlich bessere Möglichkeiten bzw. Beziehungen.
Gemeinsam mit der ICO-Delegation überlegen die jungen Leute innovatiove Projekte, sei es die Gründung eines Verlags, eines Betriebs, der landwirtschaftliche Produkte verarbeitet, oder den Aufbau eines Toursismusunternehmens, mit dem die jungen Christen Besuchern die Gschichte und Kultur der Assyrer im Nordirak vermitteln wollen.
Mit etwas Verspätung beginnt dann die Abendmesse in der Kirchen von Enishke. Pfarrer Samir zelebriert, Bischof Hermann und Obmann Dadas konzelebrieren. Bischof Hermann spricht den Menschen in seiner Predigt Mut zu. “Wir sind dankbar für euer Glaubenszeugnis und Lebenszeugnis”, sagt der Bischof. Auch wenn die Christen in Enishke bzw. im Irak nur wenige sind, würden sie mit ihrem Zeugnis doch die weltweite Christenheit inspirieren. Im Westen hätten vielen Menschen den Glauben verloren. “Deshalb brauchen wir auch Euer Gebet und Glaubenszeignis” so der Bischof. Er versichert den Menschen, dass sie nicht vergessen sind “und wir alle zu einer großen geschwisterlichen Familie gehören”.
In die gleiche Kerbe schlägt beim Pfarrfest am Abend auch Obmann Dadas. “Wir denken an euch, wir beten für euch und wir helfen so gut wir können”, so der Obmann. Die ICO und Enishke seien seit Jahren verbunden. Und daran werde sich auch nichts ändern.
Ein besonderer Höhepunkt ist beim Fest schließlich auch noch die Verleihung des Silbernen Georgsorden der Militärdiözese an Waad, einen verdienten Mitarbeiter von Pfarrer Samir. Militärbischof Werner Freistetter möchte sich damit herzlich bei Waad für die Unterstützung bei seinem Besuch im vergangenen Herbst in Enishke bedanken. Der ganze Ort möchte sich mit Waad und seinem Orden, den ihm Bischof Hermann und Obmann Dadas überreichen, fotografieren lassen. – Und dann geht es nochmals so richtig los mit Musik und Tanz.
Montag, 10. Juli
Der Montag beginnt mit einer Morgenmesse in der Pfarrkirche von Enishke und einem ausgiebigen Frühstück. Anschließend fahren wir ins rund 45 Minuten entfernte Dohuk. Wir besuchen Bischof Azad Shaba. Die Diözese von Dohuk zählt insgesamt rund 1.500 Familien, also rund 7.500 Personen, wie der Bischof erläutert. In Dohuk selbst gibt es rund 900 Familien, in etwa 15 Dörfern in der Region weitere 600 Familien. Für die Seelsorge stehen dem Bischof fünf Priester und ein Seminarist zur Verfügung. Es gibt eine eigene kirchliche Schule, Kinder- Frauen und Männerrunden und auch einige Chöre.
Die Armut und Arbeitslosigkeit ist groß. Viele Menschen suchen Hilfe beim Bischof. Dieser beklagt zugleich die Passivität der Menschen. Auch die jungen Leute sollten mehr Aktivität, Engagement bzw, Ideen zeigen, um sich eine eigenes Leben aufzubauen, meint der Bischof. Vor allem in den Dörfern gebe es zudem Problem mit Muslimen, die den Christen ihre Ländereien streitig machen. Und im übrigen ist es für den Bischof ein Ärgernis, dass er überhaupt um Hilfe aus dem Ausland ansuchen muss, den eigentlich ist der Irak ein reiches Land. Korruption und politische Misswirtschaft seien für die schwierige Lage verantwortlich. Das sei auch ein Hauptgrund dafür, dass die Menschen im Land keine langfristigen Perspektiven sehen. Zuletzt seien nur wenige Christen ausgewandert, viele würden es aber tun, wenn sie die Möglichkeit hätten, sagt der Bischof.
Weiter geht es in Dohuk mit einem Besuch bei der Hilfsorganisation CAPNI (Christian Aid Program Northern Iraq). CAPNI ist seit vielen Jahren ein verlässlicher Partner der ICO. (Die Organisation feiert am 11. November ihr 30-jähriges Bestehen.) CAPNI-Direktor Emanuel Youkhana erläutert die vielfältige Arbeit seiner Organisation, die allen Christen in Not hilft.
Zuletzt hat die ICO beispielsweise Ausbildungsprogramme für christliche Rückkehrer in die Ninive-Ebene finanziert. CAPNI ist im Bildungs-, Gesundheits- und humanitären Bereich engagiert. Ein neues gemeinsames Projekt mit der ICO betrifft die Aufpflanzung von Olivenhainen in der Ninive-Ebene, die vom IS zerstört wurden, weil sie Christen gehörten.
Youkhana würde sich wünschen, dass im Irak einige Gesetze reformiert werden, die Christen benachteiligen. Es brauche auch mehr Bildung und Bewusstsein unter den Irakis, dass es in ihrem Land autochthone Minderheiten wie die Christen oder auch Jesidien, Schabak oder Kakai gibt. Das würde die Mentalität der Bevölkerung verändern. Insofern sei auch der Besuch von Papst Franziskus im Irak im März 2021 ein wichtiger Schritt gewesen, sagt Youkhana.
Das Bürogebäude von CAPNI ist neu. Auf mehrere Etagen verteilt arbeiten bis zu 40 Personen. Weitere 40 CAPNI-Mitarbeiter sind vor Ort in den Dörfern tätig, wo sie die verschiedenen Hilfsprojekte abwickeln. Derzeit ist CAPNI sehr stark in der Ninive-Ebene engagiert. Die gesamte christliche Bevölkerung, rund 100.000 Personen, musste 2014 vor dem IS flüchten. Rund die Hälfte ist seit 2017 zurückgekehrt. Die christliche Präsenz ist allerdings gefährdet. Muslime oder auch Schabak würden in ehemals christliche Städten und Dörfern der Ninive-Ebene Fuß fassen. Die Demografie verändere sich sehr zu Ungunsten der Christen, warnt der CAPNI-Direktor.Youkhana schließ mit der Botschaft: “Wir sind hilflos, aber nicht ohne Hoffnung”. Und auch, wenn die Christen immer weniger werden, so hätten die wenigen Verblieben eine wichtige Rolle in der irakischen Gesellschaft zu spielen, zeigt sich Youkhana überzeugt.
Schließlich besuchen wir das neue Altersheim der Kongregation der Töchter des Heiligen Herzens Jesu in Dohuk. Das Heim wurde erst im März 2023 offiziell eröffnet, läuft aber schon seit rund einem Jahr. Derzeit leben 13 alte Frauen im Heim, die von einigen Ordensschwestern und weiteren Mitarbeitenden (im Schichtbetrieb) betreut werden.
In den vergangenen Jahren haben die Schwestern in Dohuk ein neues vierstöckiges Gebäude mit 31 Zimmern errichtet. Nachdem es den Ordensfrauen mit Eigenmitteln und Unterstützungsbeiträgen anderer Organisationen – so etwa von Oeuvre d’Orient, der französischen Partnerorganisation der ICO – gelungen war, das Gebäude zu errichten, beteiligte sich auch die ICO mit einem Betrag in Höhe von 27.000 Euro an der Ausstattung und Möblierung des neuen Zentrums.
Im Irak gibt es kaum Altenheime, denn die lokale Kultur sah bislang vor, dass es die Pflicht der Kinder ist, für ihre Eltern zu sorgen. Aufgrund der dramatischen Sicherheitslage und der tristen wirtschaftlichen Bedingungen bzw. Aussichten sind viele Jüngere aber ausgewandert, die Alten blieben – allein – zurück. Die Kongregation der Töchter des Heiligen Herzens Jesu, eine Ordensgemeinschaft der chaldäischen Kirche, hat deshalb bereits 2005 das Pflegeheim „Selig sind die Barmherzigen“ für kranke, verlassene und behinderte ältere Frauen gegründet. Dieses war zuletzt behelfsmäßig in Ankawa, dem christlichen Vorort der kurdischen Regionalhauptstadt Erbil angesiedelt. Die kurdische Regionalregierung stellte für den Neubau schließlich kostenlos ein Grundstück in der Stadt Dohuk zur Verfügung.
Die Einrichtung wird auch weiterhin auf Spenden und Unterstützungsbeiträge angewiesen sein, da nur die wenigsten der hier lebenden Frauen selbst einen zumindest symbolischen Beitrag für die Kosten ihrer Unterbringung leisten können. Es ist auch erst das erste Stockwerk in Betrieb. Sobald die finanziellen Mitel für die Ausstattung der weiteren Stockwerke sowie die Mittel für weitere Mitarbeitende vorhanden sind, könnten rasch weitere Frauen aufgenommen werden.
Bischof Hermann geht durch alle Zimmer und besucht die alten Frauen. Er plaudert und betet mit ihnen und segnet sie. Und auch wenn der Bischof und die Frauen einander von der Sprache her nicht verstehen, so verstehen sie sich doch im Herzen. Die kleinen blauen Rosenkränze, die der Bischof jeder Frau schenkt, sind ein höchst willommenes Geschenk.
Der Tag endet mit einem (touristischen) Ausflug zum Stausee von Dohuk und einem weiteren Besuch in Ahmadiya, wo wir die alte Kirche und das Mossul-Tor besichtigen. Schließlich halten wir außerhalb von Ahmadiya, wo der Tourismus in Form von zahlreichen am Felshang klebenden Restaurants, die sich teils in fließenden Bachläufen befinden, Einzug gehalten hat.
Dienstag, 11. Juli
Am Dienstag führt uns eine rund eineinhalbstündige Autofahrt durch die kurdische Bergwelt in die nordirakische Stadt Zakho. Wir besuchen Bischof Felix Al-Shabi. Er ist seit 2020 Bischof von Zakho, stammt auch aus dem Irak, lebte und wirkte aber zuvor viele Jahre in den USA. Zu seinem Amtsantritt fand der Bischof eine leere Kasse vor und hatte anfangs große Probleme, seine Priester zu bezahlen. Inzwischen hat er die Diözese halbwegs im Griff; finanziell, aber auch in vielen anderen Aspekten. In Zahko und den vielen umliegenden Dörfern gibt es rund 20 Kirchen. Für die Seelsorge stehen dem Bischof neun Priester zur Verfügung, einige sind verheiratet, andere leben zölibatär. Beides ist in der Chaldäischen Kirche möglich. Hilfs- und Entwicklungsprojekte umzusetzen sei nicht so einfach, erzählt der Bischof, weil die Christen vor Ort noch stark im Clandenken verhaftet sind und die eigenen Großfamilien bevorzugt werden.
Nichtsdestotrotz baut der Bischof Kindergärten, hat Katechetikschulen eingerichtet und renoviert gerade ein Haus in Zakho, das der Kirche gehört und wo mit den vermieteten Apartments ein Einkommen erzielt werden soll. Der Bischof würde auch gerne eine Schule bauen. An Plänen mangelt es ihm nicht.
Ein Kleines Detail aus der Vita des Bischofs. Bevor er in die USA geschickt wurde, versah Al-Shabi seinen priesterlichen Dienst in der Kirche St. Josef in Mossul. Die Kirche wurde ab 2014 vom IS u.a. als Gefängnis missbraucht.
Etwa 8.000 Christen leben in der Diözese Zakho. Im chaldäischen Kindergarten von Zakho, den die ICO finanziert hat, spielen zehn christliche mit 70 muslimischen Kindern. Muslime, die ihre Kinder in den christlichen Kindergarten schicken, seien weltoffen und würden die Christen akzeptieren,
berichtet der Bischof.
In der Diözese des Bischofs liegen zahlreiche abgelegene Dörfer mit einer dramatischen Geschichte: Als der Konflikt zwischen dem Regime von Saddam Hussein und den Kurden in der ersten Hälfte der 1970er-Jahre erstmals eskalierte, zerstörte die irakische Armee 20 Dörfer. In einem Dorf wurden sogar alle Bewohner ermordet. Die Christen wanderten in andere Landesteile ab, die meisten gingen nach Bagdad. In den verlassenen, aber noch bewohnbaren Dörfern der Christen wurden teilweise Kurden, Jesiden, aber auch Araber angesiedelt.
Die kurdische Regionalregierung wollte nach 2003 die Christen wieder zurückholen und baute 16 Dörfer auf für jene Menschen, die vor dem Terror in anderen Landesteilen des Irak in die ruhigere Kurdenregion flüchteten. Die Menschen standen im Nordirak allerdings vor dem wirtschaftlichen Nichts. Die ICO half mit zahlreichen Projekten, die Wirtschaft in den Dörfern anzukurbeln, baute Kindergärten und half auch bei der Etablierung eines neuen kirchlichen Lebens in der Region.
Einige dieser Dörfer besuchen wir gemeinsam mit dem ICO-Delegierten für die Diözese Zakho, Daniel Zuahir. Wir beginnen in Heezawa, wo wir die Kinder des Dorfes in der neuen Kirche treffen. Sie singen und beten auf Aramäisch und Englisch gemeinsam mit Bischof Hermann und der Delegation. Eine erfrischende Begegnung. In Heezawa leben rund 55 christliche Familien und 300 muslimische.
Weiter geht es nach Bersevi. In dem einst gänzlich christlichen Dorf leben aktuell rund 275 christliche und 700 kurdische Familien. Nach einem herzhaften Mittagessen im Pfarrhaus besuchen wir die Georgskirche im Ort. Die ICO hat sich hier etwa bei der Renovierung des Kirchendachs nützlich gemacht. Die Einwohner erzählen, dass in den Bergen ringsum die PKK sitzt und es ein bis zwei Mal im Jahr zu türkischen Angriffen auf diese Stellungen auf irakischem Territorium kommt. – Und so etwas passiert nicht nur in der Nähe von Bersevi, wie wir später noch erleben werden.
Weiter geht es nach Nafkandala, wo die ICO einst ein Gewächshaus und einen Kindergarten realisierte. Letzterer wird aber nur von wenigen Kindern besucht. Das Dorf macht keinen besonders zukunftsträchtigen Eindruck. In Nafkandala leben 50 christliche Familien.
Das letzte Dorf auf der Route ist Levo, wo 110 Familien leben. In Levo hat die ICO u.a. einen Kindergarten errichtet und einen Nebenraum der Kirche gebaut. Pfarrer Jamal berichtet uns über das Leben in Levo.
Mittwoch, 12. Juli
Wir brechen früh auf Richtung Mossul. Wir passieren Alkosh, Baqofa und Telskof. Auch die kurdischen Checkpoints können wir problemlos überqueren. Doch am Checkpoint der irakischen Armee geht es plötzlich nicht mehr weiter. Pfarrer Samir telefoniert eine gute Stunde, um – woher auch immer – die Genehmigung für die Weiterfahrt zu bekommen. Diese lässt auf sich warten. Es wird schon Mittag. Um nicht noch mehr Zeit zu verlieren, fahren wir zurück nach Alkosh, um dort einige Besichtigungen vorzunehmen, bis die Genehmigung einlangt. Kaum sind wir zurück in Alkosh, trudelt die Genehmigung online beim Pfarrer ein. Also wieder zurück Richtung Mossul, wieder durch die kurdischen Checkpoints bis zum irakischen Posten. Und hier geht es wieder nicht weiter. Was mit der Genehmigung nicht stimmt, werden wir wohl nie erfahren. Nach langen erfolglosen Verhandlungen steht fest, dass wir heute sicher nicht nach Mossul gelassen werden.
Also wieder zurück ins schöne Kurdistan. Wir besuchen den kleinen Ort Baqofa. Schon von weitem fällt am Ortsrand eine neue große Kirche auf. Mit dieser hat es folgende Bewandtnis: Im Februar 2017 reiste eine gemischte Delegation (mit ICO-Obmann Dadas; dem Präsidenten der Kardinal König Stiftung Bischof Manfred Scheuer, und Georg Pulling wie üblich in Mehrfachfunktion) in den Irak. Wir besuchten mit Patriarch Louis Sako die von IS befreiten Dörfer in der Ninive-Ebene, Sako wurde dabei mit dem Kardinal König Preis ausgezeichnet.
Die Kardinal König Stiftung fragte bei Sako an, was man für die Christen tun könne. Sein Vorschlag für die Stiftung: Die Errichtung einer kleinen! neuen Kirche in Baqofa, nachdem die bisherige nicht mehr benützt werden kann.
Ein Gönner der Stiftung spendete schließlich 50.000 Euro für das Project, und so konnte mit dem Kirchenbau begonnen werden, der freilich ursprünglich hätte wesentlich kleiner ausfallen sollen. Die Spende wurde über die ICO abgewickelt.
Über die Situation bzw. den Baufortschritt in Baqofa haben wir uns bei einem Besuch im Oktober 2018 informiert (Dadas/Pulling/und AKV-Präsident Helmut Kukacka). Zu dieser Zeit hatte die ICO gemeinsam mit der Arbeitsgemeinschaft katholischer Verbände (AKV) und Christen in Not (CiN) eine gemeinsame große Hilfskampagne für die Ninive-Ebene laufen. Im Rahmen dieser Kooperation wurden nochmals 20.000 Euro für die Errichtung des Nebengebäudes der Kirche zur Verfügung gestellt. Die Abwicklung erfolgte wieder über die ICO. Da die Kirche weit größer wurde, als ursprünglich geplant, reichte das Geld aber natürlich nicht aus. Lange war die Baustelle mehr oder weniger „tot“, im vergangenen September sah es noch furchtbar aus. Der neue Bischof von Alkosh, Yousif Al-Mekko, dürfte dann aber neue Gönner gefunden haben (Kirche in Not, Oeuvre d’Oerient) und jetzt ist die Kirche tatsächlich fertig.
Als wir die Kirche an diesem Mittwoch besuchen, ist ein Bautrupp gerade dabei, die letzten Arbeiten in der Kirche auszuführen. Sie ist so gut wie fertig und sieht wirklich wunderschön aus. So hat sich die Initiative letztlich also doch gelohnt! Allerdings ist die Kirche für die 30 verbliebenen christlichen Familien in Baqofa doch recht groß.
Weiter geht es zu einem kurzen Stopp ins nahe Telskof. (In Telskof hat die ICO auch zahlreiche Wiederaufbauprogramme finanziert.) Der Pfarrer ist zwar nicht zu Hause, wir besichtigen trotzdem die Kirche, die nach der Rückeroberung vom IS und der Wiederbesiedlung wieder aufgebaut wurde. Zuvor war sie im Rahmen der Kämpfe mit dem IS schwer beschädigt worden. Im Pfarrhof machen wir einen kurzen Toiletten- und Getränkestopp bevor es weitergeht nach Alkosh.
Wir besuchen das Kloster Mor Hormizd, das an einem Berghang an der Grenze von Kurdistan zur Ninive-Ebene klebt. Das Kloster verdeutlichte, wie sehr das Christentum in dieser Region verwurzelt ist. Das Kloster stammt aus dem 5. Jahrhundert, manche halten es für noch älter. Das Kloster ist derzeit unbewohnt, steht aber für Besuche offen. Man kann über die Kirchen hinaus auch durch uralte Stollen gehen bzw. klettern und Grotten besichtigen, in denen die Mönche zurückgezogen beteten bzw. lebten.
Wieder unten in der Ebene besichtigen wir am Rand von Alkosh das Kloster Maria zu den Ähren. Bis vor Kurzem lebten hier einige Ordensleute. Die Gemeinschaft wurde aber aufgelöst. Über die Hintergründe haben wir keine Informationen bekommen. Das Kloster ist aber auf jeden Fall besten renoviert und kann besichtigt werden.
Alkosh ist eine uralte Stadt, in der bis heute nur Christen leben. Wir besuchen ein Haus, das von drei Ordensschwestern geführt wird. Sie betreiben ein Waisenhaus für 12 Mädchen. Eine tolle Einrichtung mit einer zudem sehr beeindruckenden unterirdischen Kapelle, die in den Fels gehauen ist.
Während wir dann auf den Schlüssel für das Grab des Propheten Nahum warten, können wir noch einen Blick in das Heimatmuseum von Alkosh werfen. Hinter einem wenig beeindruckenden Eingang verbirgt sich ein höchst beeindruckender Innenhof mit zahlreichen Nebenräumen und vielfältigen Ausstellungsgegenständen, die eindrucksvoll das ländliche Leben in Alkosh über die Jahrhunderte und die Geschichte der Christen in der Region verdeutlichen. Das Gebäude war früher auch der Sitz des örtlichen Bischofs bzw. eine Schule, wie wir erfahren.
Dann ist endlich der Schlüssel für das Grab des Propheten da. In Alkosh wird schon lange das Grab des alttestamentlichen Propheten Nahum verehrt, der vor mehr als 2.500 Jahren in der Region wirkte. Das Grab wurde erst vor wenigen Jahren renoviert. Es befindet sich in einer alten, ebenfalls renovierten Synagoge. In der Grabstelle inmitten der Synagoge vermuten wir die Gebeine des Propheten. – Ein Irrtum, wie sich am nächsten Tag herausstellen wird.
Das Grab und die Synagoge zeigen, dass der Irak eine gut 2.500 Jahre alte jüdische Geschichte bzw. Tradition hat. Noch im Mittelalter gab es große jüdische Gemeinden über das weite Land verstreut. Davon ist nichts mehr geblieben. Noch 1952 sollen in Alkosh 2.000 Juden gelebt haben. Die letzten Juden aber mussten Mitte des 20.Jahrhunderts das Land verlassen
Unser Weg führt uns am späteren Nachmittag zurück nach Dohuk, wo wir in einem Restaurant mit einem mindestens Fußballfeld-großen Gastgarten ein spätes Mittagessen oder ein frühes Abendessen zu uns nehmen. Dabei bemerken wir zwei Familien mit Erstkommunionkindern, die hier das Festessen einnehme. Bischof Hermann lässt es sich nicht nehmen, den beiden Kindern und ihren Familien zu gratulieren und sie zu segnen.
Den Tag beschließt schließlich in Dohuk die Fahrt mit einer vor kurzem von einer österreichischen Firma errichteten Seilbahn auf einen nahen Berg. Oben erwartet uns eine Art „Disneyland“ mit Parks, Wasserfontänen und Restaurants bzw. Cafes. Auch das ist Kurdistan.
Donnerstag, 13. Juli
Unser nächster Versuch, nach Mossul zu gelangen. Wir fahren zuerst nach Alkosh, wo wir den neuen Bischof Yousif Al-Mekko treffen. Er berichtet von der schwierigen Situation vor Ort. Seine Diözese ist geteilt. Ein Teil befindet sich unter kurdischer Kontrolle. Der andere Teil unter Kontrolle der irakischen Zentralregierung. Das betrifft etwa den Ort Batnaya, der sich kurz vor Mossul befindet, und der während der Kämpfe mit dem IS so gut wie völlig vernichtet wurde. Inzwischen sind auch in Batnaya die Aufräumarbeiten weit gediehen. Allerdings: Vor 2014 lebten in Batnaya rund 1.000 Familien. Jetzt sind es nur mehr 215. Rund 100 weitere sind noch fallweise vor Ort. Alle anderen sind weg, bedauert der Bischof. Zudem hätten in Batnaya Milizen das Sagen, die sich zwar als christlich ausgeben, tatsächlich aber unter Kontrolle des Iran stünden. (Wenn wir dann nachher nach Mossul fahren, sollten wir auch in Batnaya vorbeikommen und uns kurz umschauen.)
Und auch in anderen Orten seiner Diözese ist es nicht viel besser. Auch nach Telskof ist nur die Hälfte der ursprünglichen christlichen Bevölkerung zurückgekehrt. In anderen Orten werden den Christen ihre Besitztümer von anderen Ethnien streitig gemacht, etwa von den Shabak. So ist es kein Wunder, dass der Bischof erzählt, dass immer noch viele Christen ins Ausland wollen, weil sie in ihrer Heimat keine Zukunft sehen. Bischof Al-Mekko kritisiert zudem die explodierende Korruption im Land. Der Bischof würde sich einen weiteren Bus für die Kirche wünschen, damit noch mehr Kinder und Jugendliche aus den Dörfern seiner Diözese in die weiterführenden Schulen nach Mossul transportiert werden können.
Schließlich wollen wir nach Mossul aufbrechen. Der Bischof will uns begleiten, damit wir leichter durch die Grenzkontrolle kommen. Er führt rasch einige Telefonate, wobei sich sein Gesichtsausdruck stetig verdüstert. Schließlich wird noch vor dem Aufbruch klar, dass es heute wieder nicht klappen wird. Warum? – Wir wissen es nicht. Möglicherweise hängt es damit zusammen, dass in der Ninive-Ebene heute Demonstrationen für den chaldäischen Patriarchen Louis Raphael Sako angekündigt sind, der gerade schwer unter den irakischen Behörden zu leiden hat. Vielleicht wollen die Behörden keine Zeugen aus dem Westen bei den Protesten?
Also wieder Programm-Umstellung: Wir feiern in der Georgskirche in Alkosh mit Bischof Hermann Gottesdienst. Am Rückweg zeigt uns ein örtlicher Priester noch die Michaelskirche und dabei stellt sich heraus, dass hier die Gebeine des Propheten Nahum begraben sind. Weshalb?- Die Einwohner hatten 1952 Angst, dass die Juden, die in diesem Jahr in einer groß angelegten Rettungsaktion von Israel aus dem Irak ausgeflogen wurden, die Gebeine mitnehmen würden. Also wurden sie kurzerhand überstellt, geraubt oder gerettet, wie immer man die Aktion bezeichnen mag.
Wir fahren zurück nach Dohuk, wo wir nach einer kurzen Rast in einem Lokal im Bischofssitz von Bischof Azad auf den chaldäisch-katholischen Erzbischof von Mossul, Michael Najeeb Moussa, warten. Da wir nicht nach Mossul konnten, ist er aufgebrochen und besucht uns in Dohuk. Es wird eine sehr herzliche Begegnung.
Als die Terrormiliz IS im Sommer 2014 Mossul eroberte, mussten alle Christen fliehen. Seit der Rückeroberung der Stadt vor rund sechs Jahren ist aber erst eine geringe Zahl von Christen zurückgekommen. Erzbischof Najeeb berichtete von rund 50 christlichen Familien (je ca. zur Hälfte Chaldäer und Syrisch-katholische), nur ein Bruchteil der früheren christlichen Bevölkerung der Stadt. Viele weitere Christen hätten derzeit keine Chance zur Rückkehr, weil ihre Häuser und Wohnungen zerstört seien und sie auch keine Arbeit vor Ort hätten. Wenn es Möglichkeiten gäbe, würden vielleicht bis zu 100 christliche Familien nach Mossul zurückkehren, mutmaßt der Erzbischof.
Dabei sei die Situation für eine Rückkehr derzeit recht günstig, so der Erzbischof. Mossul habe früher als eine Hochburg des Islamismus und Extremismus gegolten. Doch da unter der Schreckensherrschaft des IS nicht nur die Christen sowie Angehörige von religiösen Minderheiten gelitten hätten, sondern vielfach auch Muslime, habe dies bei vielen Menschen ein gewisses Umdenken ausgelöst. Dies biete die neue Chance für ein friedvolles Zusammenleben von Christen und Muslimen, zeigt sich der Bischof überzeugt.
Zugleich brauche es noch viel Bildungsarbeit, um gegen den Islamismus in der Region anzukommen. Auch wenn der IS militärisch weitgehend besiegt wurde, sei seine Ideologie sei noch lange nicht zur Gänze verschwunden, mahnte der Erzbischof zur Wachsamkeit.
Eines ist Erzbischof Moussa zugleich aber wichtig zu betonen: Die jüngsten Koranverbrennungen in Schweden und Dänemark verurteilt er auf das Schärfste. So etwas sei inakzeptabel. Und darüber hinaus: Die Christen im Orient würden dafür einen hohen Preis zahlen.
Alle 35 Kirchen Mossuls wurden vom IS zumindest teilweise zerstört bzw. bei der Rückeroberung durch das irakische Militär und schiitische Milizen dem Boden gleich gemacht. Einige wenige Kirchen wurden inzwischen wieder hergestellt. Zur Erzdiözese Mossul gehören neben der Millionenstadt auch noch einige wenige Kleinstädte bzw. Dörfer in der Nähe. Insgesamt zählt die Schar der chaldäischen Christen, für die der Erzbischof zuständig ist, aber nur rund 950 Familien. (Konkret sind das ca. 350 in Karamles, 210 in Karakosch, 30 in Bartella und 350 in Acra.) In Acra möchte der Erzbischof gerne mit Hilfe der ICO ein bestehendes Gebäude adaptieren und darin einen Kindergarten einrichten.
Der Erzbischof ist irgendwie ein Multitalent. In seinem früheren Leben war er Erdölingenieur und Musiker. Kurz nach seiner Priesterweihe 1987 gründete er das "Centre Numerique & de recherches sur les Manuscrits Orientaux", mit dem er mit seinem Team über 8.500 christliche und andere alte Manuskripte digitalisierte und damit für die Nachwelt erhielt. Über 45.000 Manuskripte wurden von seinem Handschriftenzentrum zudem archiviert, wobei viele davon noch auf ihre Digitalisierung warten. Ein weiteres Projekt ist die Digitalisierung der in Najeebs Besitz befindlichen größten Sammlung von Fotos des Iraks aus dem 19. und 20. Jahrhunderts. 14.000 Schwarz-Weiß-Fotos wurden bereits digitalisiert, berichtet der Erzbischof.
Nach der Begegnung mit Erzbischof Najeeb geht es für uns zurück nach Enishke, das wir am Abend erreichen. Über dem Ort liegt ein seltsamer Rauchschleier, der sich vom nördlichen Berghang herabzieht. Was ist passiert? - Die türkische Luftwaffe hat kurz vor unserer Rückkehr vermeintlich PKK-Stellungen am Berg bombardiert, wie uns die Bewohner berichten. Das Dorf selbst war und ist nicht unmittelbar bedroht, aber es bleibt doch ein mulmiges Gefühl. Man merkt, dass die Region alles andere als befriedet bzw. sicher ist. Erst vor wenigen Monaten wurde von den Türken in den Bergen Kurdistans – versehentlich – eine Touristengruppe aus Bagdad beschossen; mit zahlreichen Toten und Verletzten.
Nichtsdestotrotz endet der Tag mit einem gemütlichen Grillfest im Garten des Kindergartens in Enishke.
Freitag, 14. Juli
Am Freitagmorgen geht es zuerst zum Bäumepflanzen. Pfarrer Samir möchte in Enishke die vielen leer stehenden früheren Touristen-Apartments revitalisieren. Die Beherbergung der Touristen würde der Pfarre neue Einnahmen bringen, ist Samir überzeugt. Mit einem Vierer-Bungalow möchte er den Anfang machen. Vor den Bungalows pflanzen Bischof Herrmann, der Pfarrer und die ICO-Delegation symbolisch drei Bäume. Viele weitere sollen folgen und Enkishke in den nächsten Jahren wieder zu einem Ausflugsziel warden lassen. (Die ICO ist an der Renovierung der ersten Bungalows finanziell beteiligt.)
Nach der Besichtigung der Georgskirche in Enishke fahren wir los. Es steht der Besuch des syrisch-orthodoxen Mor-Mattei-Klosters auf dem Programm, das wir nach einer langen Anreise erreichen. Es befindet sich auf dem Berg Dschabal Alfaf und ist eines der ältesten existierenden christlichen Klöster der Welt. Zudem ist das Kloster für seine beträchtliche Sammlung von syrisch-christlichen Manuskripten bekannt.
Derzeit leben nur mehr vier Mönche im Kloster, das zugleich aber ein bedeutender Anziehungspunkt für Christen aller Konfessionen, genauso aber auch für Muslime ist. Letztere kommen vor allem dann, wenn sie bestimmte Gebetsanliegen wie die Heilung von Krankheiten oder einen bislang unerfüllten Kinderwunsch haben, erzählt uns der Mönch Joseph. An guten Tagen zählt das Kloster bis zu 1.000 Besucher, so der Mönch. Vor allem Familien würden auch gerne im Kloster übernachten. Und so sehen wir auch viele spielende Kinder in den Höfen und auf den Stufen der weitläufigen Klosteranlage.
Der Klostergründer Mar Matta (Matthäus) stammte aus der Nähe der Stadt Diyabarkir (in der heutigen Türkei). Er spielt für das syrische Christentum eine bedeutende Rolle, nicht nur als Klostergründer. Als Gründungsdatum für das Kloster wird das Jahr 363 angegeben. Im 9. Jahrhundert soll das Kloster 7.000 Mönche gezählt haben.
Vom Kloster aus hat man einen beeindruckenden Ausblick auf die Ninive-Ebene. Das Kloster ist rund 35 Kilometer von Mossul entfernt. Am Fuße des Berghangs gibt es einige christliche Dörfer. Diese wurden 2014 vom IS eingenommen und verwüstete. Das Kloster selbst, das von den kurdischen Peschmerga verteidigt wurde, konnten die IS-Terroristen nicht einnehmen. Wir befinden uns also genau an der Frontlinie.
Der IS konnte letztlich (hoffentlich) besiegt werden. Doch er hat unvorstellbar viel Grauen, Zerstörung und Verwüstung angerichtet, wobei es in der Region auch vor dem IS schon massiv Gewalt und Terror gegen die Christen und andere Minderheiten gab. Der Mönch Joseph erzählt uns, dass seit 2003 90 Prozent der syrisch-orthodoxen Christen den Irak verlassen haben. Ein Desaster für die christliche Präsenz in der Region.
Wir setzen unsere Fahrt fort nach Erbil, wo wir Slawomir und Gisela zum Rückflug verabschieden. Die verbleibende Gruppe begibt sich in Ankawa/Erbil zum Mittagessen und stattet im Anschluss den Schwestern der Kongregation der Töchter des Heiligen Herzens Jesu in ihrer Ordenszentrale einen kurzen Besuch ab. In der Klosterkirche erinnern einige Vitrinen an Sr. Cecilia Moshi Hanna. Die Ordensfrau wurde 2002 von islamistischen Terroristen in Bagdad grausam ermordet. Für sie ist ein Seligsprechungsprozess im Laufen.
Wir verabschieden uns von den Schwestern und besuchen noch die historische Zitadelle von Erbil und den Basar, bevor es am frühen Abend zurück nach Enishke geht.
Samstag, 15. Juli
Wir beginnen unseren Tag mit einem Besuch im Dawidiya-Camp, in dem mehr als 3.500 Jesiden, darunter etwa 1.400 Kinder leben. Die Situation der Menschen wird laut der Leiterin des Camps, Clara Eliea Gorial, immer prekärer, nachdem alle internationalen Organisationen ihre Hilfe eingestellt haben. Hintergrund der Maßnahme war, dass die Organisationen die Menschen zur Rückkehr in ihre Heimat im Sindschar im Nordwesten des Irak bewegen wollten. Doch dies sei nicht möglich, erläutert Gorial. Die Häuser der Menschen seien zerstört, die Infrastruktur funktioniere nicht und die Sicherheitslage vor Ort sei katastrophal. Gorial: "Die Leute wollen zurück, niemand will im Camp bleiben. Aber es geht einfach nicht." Sie berichtet beispielweise von einer Familie, die noch ein Haus in der Region Sindschar hat. In unmittelbarer Nähe dieses Hauses befinde sich aber ein kurdischer Militärstützpunkt, der immer wieder Ziel türkischer Angriffe ist. So sei es nur eine Frage der Zeit, bis auch das Haus der Jesiden zerstört wird. Bei einer Rückkehr womöglich inklusive der Bewohner.
Da es keine internationale Unterstützung gibt, hat das Gesundheitszentrum im Lager weitgehend den Betrieb einstellen müssen. Auch die Schulen für die Kinder müssten dringend renoviert werden, berichtet die Leiterin. Im Winter würden die Kinder erbärmlich in den Räumen frieren. "Zu Hause" in den Containern und Zelten sei es freilich auch nicht besser,
Die Flüchtlinge, von denen die meisten ihre Existenz zuvor mit Subsistenzlandwirtschaft bestritten, würden kaum Arbeit finden, berichtet Gorial. Das liegt u.a. auch an der Abgeschiedenheit des Camps in den Bergen Kurdistans. Die Menschen leben in völliger Perspektivenlosigkeit. Die 1.400 Kinder unter sieben Jahren kennen nichts anderes als das Camp, das zur Jahreswende 2014/15 eröffnet wurde. Zuvor wurden viele der Flüchtlingsfamilien von der Pfarre Enishke unweit des Camps versorgt und beherbergt. Die ICO trug damals im Sommer und Herbst 2014 maßgeblich zur Finanzierung dieser Hilfe bei.
Zigtausende Jesiden wurden ab August 2014 vom IS aus ihrer Heimat im Nordirak vertrieben, versklavt oder ermordet. Systematisch wurden Frauen und Kinder vergewaltigt. Gorial berichtete von zahlreichen traumatisierten Frauen und Kindern im Camp.
Es gibt allein im Nordirak 30 Jesiden-Flüchtlingscamps wie jenes in Dawidiya. Beobachter gehen zudem von etwa 3.000 Jesiden aus, die weiterhin in der Gewalt der IS-Kämpfer oder vermisst sind. Die Jesiden sind eine religiöse Minderheit unter den Kurden. Ihr Glaube vereint Elemente verschiedener nahöstlicher Religionen, vor allem aus dem Islam, aber auch aus dem Christentum. Religiöses Zentrum ist Lalisch, eine Stadt im Nordirak nahe Mossul. Neben dem Nordirak, Nordsyrien, dem Nordwestiran und der südöstlichen Türkei gibt es inzwischen auch in Westeuropa jesidische Gemeinden.
Wir besuchen mit Bischof Hermann u.a. eine alleinstehende Frau mit ihren drei Kindern. Als der IS die Sindschar-Region überrannte, wurden die Frau, ihr Mann und die damals zwei kleinen Kinder von den Terroristen entführt. Der Mann wurde vor der Familie enthauptet, die Mutter und die beiden Kinder brutal gefoltert. Die Mutter wurde zudem vergewaltigt und gebar noch einen weiteren Sohn. Seit ihrer Befreiung leben die vier nun im Camp. Die Mutter und die beiden älteren Kinder leiden an schwerwiegenden seelischen und körperlichen Folgen der Folter. Beide Kinder bräuchten dringend Operationen, um künftig ein einigermaßen erträgliches Leben führen zu können. – Eines von unzähligen unfassbaren Schicksalen. Die Hilfe für die Jesiden wird uns auch in der ICO noch länger beschäftigen.
Weiter geht es in den Ort Feshkabour, den wir nach einer gut zweistündigen Autofahrt erreichen. Feshkabour liegt malerisch am Tigris, im Dreiländereck Irak-Syrien-Türkei. Am gegenüberliegenden Ufer blicken wir auf ein syrisches Dorf, wenige hundert Meter entfernt auf einem Bergrücken in der anderen Richtung liegt die Türkei. Hier haben sich in den vergangenen Jahren unzählige Flüchtlingsdraman abgespielt. Hunderte ja tausenden Menschen wollten den Fluss überqueren, entweder von Syrien in den Irak oder in die entgegengesetzte Richtung, je nach aktuellem Konflikt. Viele Menschen sind dabei ertrunken.
Man kann sich all das Elend kaum vorstellen, angesichts des aktuell so friedlich Szenarios. Doch der Schein trügt. Der Flussübergang wird von allen Seiten genauestens überwacht. Wenn man genau schaut, sieht man sowohl auf irakischer als auch syrischer und türkischer Seite Militärstellungen. Einfach einmal so über den Fluss fahren würde tödlich enden, sagen uns Einheimische. Wir feiern direkt am Tigris in der Marienkirche von Feshkabour Gottesdienst und nehmen all das Leid der Menschen dieser Region mit hinein in unser Gebet. In Feshkabour leben noch 140 christliche Familien.
Weiter geht es nach Zakho, wo wir wieder einmal ein spätes Mittagessen/frühes Abendessen einnehmen, bevor wir noch die alte Brücke von Zakho besichtigen. Das Gelände wurde in den vergangenen zwei Jahren umfassend umgestaltet. Rund um die Brücke wurde eine große Parkanlage errichtet. Alles wirkt neue und realitv sauber, bis auf den Kabouhrfluss, auf dem hunderte Plastikflaschen treiben. Bei der Brücke treffen wir noch die Bürgermeister von Zahko und Dohuk zu einem kurzen ungezwungenen Pläuschchen. Dann geht es weiter in die Ortschaft Mangesh.
Im Ort Mangesh statten wir Pfarrer Imad Khosaba einen Besuch ab. Der Priester wurde zuletzt dadurch bekannt, dass er im März 2021 beim Besuch von Papst Franziskus im Irak als dessen persönlicher Dolmetscher diente. Noch vor Kurzem wollte er in Mangesh eine neue Kirche bauen. Inzwischen ist er aber zur Einsicht gekommen, dass die wunderschöne alte Kirche des Ortes auch ausreicht. In Mangesh leben 230 christliche und 400 kurdische (muslimische) Familien. Pfarrer Imad zeigt sich überzeugt, dass der Papstbesuch, der ganz im Zeichen von Versöhnung und Frieden stand, nicht nur für die Christen, sondern auch für die Muslime im Irak von großer Bedeutung war.
Die ICO unterstützt den örtlichen kirchlichen Kindergarten von Mangesh, der von 30 Kindern besucht wird. Was in Mangesh auffällt: So oft wie an keinem anderen Ort fällt bei der kurzen Begegnung der Strom aus. Und es ist draußen schon stockdunkel. Und dann eben oft auch drinnen. Das zeigt, dass die Verorgungslage vor Ort alles andere als gesichert ist. Auch an anderen Orten und auch in Enishke gibt es immer wieder kurze Stromunterbrechungen.
Sonntag, 16. Juli
Sonntagvormittag feiern wir mit der Gemeinde von Enishke nochmals Gottesdienst. Bischof Hermann und ICO-Geschäftsführerin Michlin Alkhalil bedanken sich am Ende der Feier für die herzliche Aufnahme. Und vor allem: für das beeindruckende christliche Zeugnis, das die Menschen hier vor Ort geben. Sie leben ihren Glauben in einem schwierigen Umfeld. Das kann auch – in gewissem Sinne – beispielgebend für die Kirche in Europa sein.
Vor dem Sonntagsgottesdienst steht noch ein kurzer Besuch in einer besonderen Tourismusattraktion in Enishke auf dem Programm: In einer Höhle oberhalb des Ortes wurde eine beeindruckende Gaststätte eingerichtet. Die wäre auch noch einmal einen Einkehrbesuch wert gewesen. Dann halt bei unserem nächsten Besuch.
Gleiches gilt auch für jenes Wasserfall-Restaurant in Enishke, dass wir nach der Messe noch besuchen. Aber für mehr als ein kurzes Hallo und viele, viele Selfies mit den Gästen, die unbedingt mit Bischof Hermann fotografiert werden wollen, ist keine Zeit mehr. Wir müssen zurück nach Erbil zum Flughafen. Dort treffen wir auch wieder auf Nabil und seine Frau ccc, die die vergangenen Tage mit ihren Familienangehörigen in Erbil zugebracht haben. Gemeinsam geht es zurück nach Österreich.