Interdisziplinäres Symposium: Öl in der frühen Liturgie: Verwendung und Deutung
Gebrauch von Öl als ritueller Materie ist für die Liturgie der Alten Kirchen keine Selbstverständlichkeit:
Es finden sich im Neuen Testament zwar verstreute Erwähnungen von Salbungen im Kontext frühjüdischer Heilungspraxis sowie die Metaphorisierung des Be-
griffsfeldes χρίειν bei der Entfaltung christologischer und ekklesiologischer Gedanken. Eine auf die Anfänge zurückreichende liturgische Praxis ist – anders als im Fall der Eucharistie und der Wassertaufe – umstritten.
Gleichzeitig etablieren sich ab dem 2. und 3. Jahrhundert pluriforme Salbungsrituale, welche in bestehende Kernliturgien inkorporiert werden und in reichskirchlicher Zeit zum überregionalen Standard liturgischer Handlungsvollzüge zählen: Zu nennen sind, neben mehreren Taufsalbungen mit pneumatologischer oder apotropäischer Deutung, Salbungen an kranken Gläubigen und exorzistische Rituale. Auf materialer Ebene differenzieren sich parallel dazu die verwendeten Öle
heraus (z. B. reines Olivenöl und parfümiertes Chrisam), die zudem in jeweils kontextualisierten Weihehandlungen für den liturgischen Gebrauch zugerüstet werden.
Die Pluralität von Ritualen, Deutungen und Objekten entspricht als Befund dem Paradigmenwechsel hin zur Wahrnehmung der Oralität frühchristlicher Liturgiege-
schichte, die in den letzten Jahrzehnten im Fachdiskurs an Bedeutung gewann. Analog zur mittlerweile besser erforschten Frühgeschichte der Eucharistiefeier dürften Pluralität und Mündlichkeit auch für die anderen liturgischen Grundvollzüge zu einer Relecture des Quellenbefundes sowie einer adäquateren Rekonstruktion der diachronen Entwicklung führen.
Die Konferenz nähert sich der Salbung mit Hilfe unterschiedlicher Facetten an: Fragen der rituellen und körperlichen Performanz, der Deutung der Vollzüge sowie ihrer materiellen Dimension werden in Bezug gesetzt zur Vielfalt der frühchristlichen Salbungskontexte einerseits und der Pluralität der konsultierten Textcorpora andererseits.