Der Canon Romanus unterscheidet sich von den meisten Hochgebeten anderer Kirchen des Ostens und Westens wie auch von allen, die nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil ins römische Messbuch aufgenommen wurden, unter anderem durch die Dominanz von Darbringungsaussagen und Opferterminologie sowie durch die Abwesenheit einer Geist-Epiklese. Der vorliegende Beitrag erörtert Geschichte und Struktur des Textes und fragt nach dem Verständnis der Darbringungsaussagen. Dabei zeigt sich, dass der Text ursprünglich nicht symmetrisch um den Einsetzungsbericht konstruiert war; auch kannte das von Ambrosius bezeugte Eucharistiegebet keine vorausgehende Wandlungsbitte. Das funktionale Äquivalent für Gaben- und Kommunikantenepiklese kann vielmehr auch im Canon Romanus im Anschluss an den Einsetzungsbericht erkannt werden. Die Opfertheologie hat im Lauf der Geschichte entscheidende Veränderungen erfahren: Waren ursprünglich einfach „alle (um den Altar) herum stehenden (omnes circum adstantes)“, ausdrücklich Männer und Frauen, als Subjekt der Darbringung angesprochen, wurde diese inklusive Aussage im Frühmittelalter – zunächst außerhalb Roms – durch einen Einschub „‚für die wir darbringen oder‘ die dir dieses Opfer … darbringen“ auf den amtierenden Klerus beschränkt und damit regelrecht umgedreht. Objekt der eucharistischen Darbringung ist im wichtigsten Text der römischen Tradition über das Messopfer jedenfalls „dieses Opfer des Lobes“, also ein worthaftes und somit metaphorisches Opfer im Sinne von Ps 49 (50),14 und Hebr 13,15.
Prof. Dr. Harald Buchinger
ist Professor für Liturgiewissenschaft an der Fakultät für Katholische Theologie und Director des Centre for Advanced Studies „Beyond Canon_“ der Universität Regensburg sowie Direktor des Institutum Liturgicum Ratisbonense.
SYNOPSE: Der Kern des Canon Romanus im Lichte alter Paralleltexte
Joris Geldhof
Kleine Erkundung des Themas Hoffnung im römischen Ritus
Abstract: H|D 78 (2024) 297–303
Der Beitrag erkundet, wie „Hoffnung“ expressis verbis in den Formularen des Messbuchs und bei den Sakramentenfeiern thematisiert wird.
Prof. Dr. Joris Geldhof
ist Professor für Liturgie und Sakramententheologie an der Faculty of Theology and Religious Studies, KU Leuven, Belgien und Schriftleiter von Questions Liturgiques.
Ingrid Fischer
... nicht nur für die Frommen!
Biblische Hoffnung im Liedgut des Gotteslob
Abstract: H|D 78 (2024) 287–296
Der Beitrag geht Spuren biblischer Hoffnung in exemplarischen Liedern des Gotteslob nach. Der Fokus liegt dabei auf Motiven jener Hoffnung, wie sie dem ersterwählten Bundesvolk Israel gegeben ist, und ihrer Rezeption im christlichen Gesangsrepertoire. Beide, Israel und die Kirche, gründen ihre Zuversicht auf die unverbrüchlich zugesagte Treue des Ich-bin-da und bezeugen, dass er mit und bei den Seinen bleibt, bis der verheißene und schon erfahrbare neue Anfang alle und alles in die Wirklichkeit Gottes eintreten lässt: Israel und die Völker, die Kirche und alle Menschen guten Willens, alle Erben seiner Verheißung, die ganze Schöpfung.
PD MMag. DDr. Jakob Helmut Deibl
ist Assoz.-Prof. an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien und Manager des Forschungszentrums Religion and Transformation in Contemporary Society.
Das Interview – mit Jakob Helmut Deibl
Christliche Religion ist ohne
Hoffnung nicht denkbar
Abstract: H|D 78 (2024) 281–286
Elisabeth Birnbaum, Leiterin des Österreichischen Katholischen Bibelwerks und Redaktionsmitglied von Heiliger Dienst (HlD), hat den Fundamentaltheologen Jakob Helmut Deibl zum Thema Hoffnung befragt.
PD MMag. DDr. Jakob Helmut Deibl
ist Assoz.-Prof. an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien und Manager des Forschungszentrums Religion and Transformation in Contemporary Society.
Gabriele Eder-Cakl
Was dürfen wir nach der Synode erhoffen?
Abstract: H|D 78 (2024) 278–280
Welche Stimmung herrschte bei und nach der jüngsten Vollversammlung der Weltsynode? Eindrücke einer Augen- und Ohrenzeugin. (Redaktion)
Mag.a Gabriele Eder-Cakl
ist ist Direktorin des Österreichischen Pastoralinstitutes und war als Unterstützerin für einige deutschsprachige Synodale während der Weltsynode im Oktober 2024 in Rom.
Christl M. Maier
Zerbrochene Hoffnung
Jeremia, der enttäuschte Prophet
Abstract: H|D 78 (2024) 270–277
Jeremia wird in der Kunstgeschichte als klagender und trauernder Prophet rezipiert. Der Beitrag stellt die Klagegebete des Propheten im Kontext der Jeremiaschrift vor und zeigt, wie Jeremia zum Zeugen des kollektiven Traumas der Zerstörung Jerusalems wurde.
Prof. Dr. Christl M. Maier
ist Professorin für Altes Testament am Fachbereich Evangelische Theologie der Philipps-Universität Marburg.
Tobias Nicklas
Die Hoffnung auf Jesu Wiederkehr
Schlüsseltexte des Neuen Testaments und ihre Bedeutung heute
Abstract: H|D 78 (2024) 262–269
Der Beitrag stellt verschiedene Modelle vor, mit denen die frühen Christen versuchten, das Problem der Abwesenheit des auferstandenen und erhöhten Christus zu bewältigen. Neben die Vorstellung, dass der erhöhte Christus in Herrlichkeit auf den Wolken des Himmels wiederkommen werde, rückt in vielen Texten die Idee einer kairologischen Naherwartung. Gemeint ist, dass in besonderen „Augen-Blicken“ bereits jetzt die unmittelbare Nähe des weiterhin treu zu den Seinen stehenden Christus erfahren werden kann. In diesen Momenten ragen Elemente von Ewigkeit in die chronologische Zeit hinein.
Prof. Dr. Tobias Nicklas
ist Inhaber des Lehrstuhls für Exegese und Hermeneutik des Neuen Testaments an der Fakultät für Katholische Theologie in Regensburg.