Andreas Pumberger
Es freut mich sehr, dass zur heurigen Tagung der Liturgischen Kommission mit dem Thema „FAMILIEN LEBEN LITURGIE“ der katholische Familienverband eingeladen wurde.
Nicht nur deshalb freut es mich, weil der Katholische Familienverband heuer sein 60-Jahrjubiläum feiert, sondern weil es unserem Anliegen gut tut, auch innerkirchlich wahrgenommen zu werden. Gestatten Sie mir deshalb, auch einige inhaltliche Anmerkungen zum Familienverband voran zu stellen.
Der Katholische Familienverband tritt immer wieder mit seinen Forderungen an die Politik heran und versucht so, das gesellschaftliche Umfeld mitzugestalten. Diesen Auftrag macht auch das Apostolische Schreiben Familiaris consortio deutlich, wenn es dort heißt: „Der gesellschaftliche Auftrag der Familie soll sich auch in Formen politischen Handelns äußern. In diesem Sinne sollen die Familien sich dessen immer bewusst werden, dass in erster Linie sie selbst im Bereich der sogenannten Familienpolitik die Initiative ergreifen sollen; sie sollen die Verantwortung für die Veränderung der Gesellschaft übernehmen. Sonst werden die Familien die ersten Opfer jener Übel sein, die sie vorher noch gleichgültig betrachtet hätten.“
Wenngleich wir unseren Auftrag für die Familien breit gefächert sehen, von der finanziellen Sicherheit über die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, von der Anerkennung der Familienleistung bis hin zu qualifizierten Bildungseinrichtungen, so möchte ich auf das Thema dieser Tagung hin zwei Aspekte betonen, in denen wir auch aktiv sind:
- Beibehaltung des arbeitsfreien Sonntags als gemeinsame freie Zeit, die wesentlich ist für das gesellschaftliche, religiöse, kulturelle und familiäre Zusammenleben.
- Verpflichtender Ethikunterricht als Alternative zum Religionsunterricht. Die Auseinandersetzung junger Menschen mit religiösen und ethischen Themen ist vor dem kulturellen, historischen und sozialen Hintergrund Österreichs unabdingbar.
Es wird deutlich, dass der Katholische Familienverband nicht im gleichen Maß wie die anderen Bereiche direkte und konkrete Angebote für Familien setzte und damit heute etwas aus dem Rahmen fällt. Denn wir sorgen uns mit unserer Arbeit, unserem Engagement mehr um die Bedingungen für Familien und sind überparteiliche Interessensvertretung für Familien.
Ich bin aber trotzdem noch nicht fertig, denn ich möchte Ihnen gerne aus meiner Erfahrung als Familienvater zu diesem Thema erzählen und die Perspektive ändern: „So leben und feiern wir als Familie“.
Ich bin verheiratet und Vater von drei Mädchen im Alter von 5½ Jahren, 4 Jahren und von 15 Monaten. Wenn Familie „jener Ort sein soll, an dem der Mensch als ganze Person erlebt, geliebt, akzeptiert, behandelt, betreut, gehalten, unterstützt und gefördert wird“, gehört Feiern ganz wesentlich zu unserem Familienleben. Auch religiöse Feste zu feiern bzw. Rituale zu pflegen.
Namenstag oder GeburtstagFür uns Eltern war es selbstverständlich, die Kinder zu tauften. Aber die Feier des Namenstages gelingt uns als Akzent im Jahreskreis nicht wirklich.
Die Mädchen sind selber viel zu sehr auf ihren Geburtstag fixiert und Pia, die bald ihren vierten Geburtstag feiert, fordert heuer ihre Geburtstagsfeier ein. Sie würde es auch nicht verstehen und als ungerecht erleben, wenn sie zum Geburtstag nicht einladen dürfte, ihre Freundinnen aber schon. Einladungen an anderen Tagen im Jahr gibt es zwar, aber die wiegen eine Geburtstagseinladung nicht auf.
Ein kleines Beispiel wie sich Feierkultur verändert: Gewiss haben auch viele von Ihnen schon die Kinder von Geburtstagsfeiern der Freundinnen abgeholt. Ich bin dann oft ganz verstört: Denn die eingeladenen Kinder gehen mit Säcken von Süßigkeiten nach Hause. Und warum: Es soll kein Kind unbeschenkt vom Geburtstag weggehen. Das fällt mir schwer zu verstehen.
Es liegt vielleicht daran, dass Erwachsene selbst nicht mehr ohne Geschenk irgendwo hingehen können. Zumindest den Kindern muss etwas mitgebracht werden. Sinnvolles, Gesundes, Lehrreiches – z. B.: ein Überraschungsei.
Familie Pumberger versucht einen anderen Weg und bastelt mit den Freundinnen am Geburtstag einen Bilderrahmen. Jede Freundin wird mit dem Geburtstagskind Sophie fotografiert, das Bild am Computer gleich ausgedruckt, in den selbstgebastelten Bilderrahmen geklebt und als Erinnerung mit nach Hause gegeben. Durchaus „action“ bis alles beisammen ist. Und dann zum Abschied der Kommentar: Bekommen wir gar keine Geschenke?
FazitAls Familie sind wir kein abgeschottetes System, sondern bewegen uns über die SPIEGEL- Gruppe, den Kindergarten, die Pfarre und die Vereine im Ort als kommunizierendes Gefäß. Einflüsse in der Lebens- und Feierkultur schlagen da durch. Es geht einfach nicht immer, jene Einflüsse zu verhindern, die uns als Eltern nicht passen.
Kindergarten
Beruflich arbeite ich im Bildungsbereich bei den Kreuzschwestern. Wir führen Schulen, Horte, ein Internat und Kindergärten. Für unsere Pädagoginnen ist es klar, dass sie bei einem kirchlichen Träger arbeiten. Der kirchliche Jahreskreis gehört wie in vielen anderen Einrichtungen auch zum festen Bestandteil ihrer pädagogischen Arbeit. In diesem Umfeld arbeite ich.
Allerdings wohnen wir in einem Ort, der einen Gemeindekindergarten hat. Ein plötzlicher Wechsel der Pädagogin vor Weihnachten in der Kindergartengruppe meiner Kinder hat mir ganz neue Erkenntnisse eröffnet. Auf der Beziehungsebene war der Faden zwischen Pädagogin und Kinder schnell geknüpft. Auf der inhaltlichen Ebene gab es für mich als Vater allerdings größere Fragezeichen. Die Pädagogin hatte keinen Zugang zu religiösen Inhalten, konnte und wollte deshalb diese vielleicht nicht vermitteln, denn es gab auch einige wenige Kinder, die nicht getauft waren.
Fazit
Nicht immer kann ich aus den Umständen heraus das abholen, was mir als Familie wichtig ist. Ich kann und darf gesetzlich meine Kinder ja gar nicht irgendwo in den Kindergarten bringen. Also bin ich abhängig von sehr bedeutenden Bezugspersonen meiner Kinder von dem, was sie vermitteln und wie sie das tun.
Der Sonntag
Wir haben in unseren Familien viele Rituale und sie erleichtern uns das Leben. Die tägliche Diskussion über das richtige T-Shirt gehört dazu, der Abschied beim Verlassen des Hauses, die Zeit beim Mittagessen, der Sandmann im Fernsehen, die Gute Nacht Geschichte und das Abendgebet.
Der Morgen ist oft eine dichte Zeit: Anziehen, Frühstück richten, Jause machen, … Irgendwie schaffen wir es nicht, diesen Rhythmus zu ändern – vielleicht ist auch das schon zum Ritual geworden.
Der Sonntag gestaltet sich da schon anders und spezieller: nicht nur, dass die Mädchen zum Kirchgang gerne ein Kleid anziehen – sondern zum Frühstück gibt es auch ein weiches Ei und ein Nutella Brot und wir haben Zeit.
Die Heranführung an die richtigen Rhythmen und Rituale erfordert Kontinuität und Verlässlichkeit. Die Hektik und die Betriebsamkeit, die Mobilität und immer etwas Neues haben müssen, erschweren das Einüben bzw. verhindern das Erlernen von Ritualen. Darum ist es gut, wenn der Sonntag als Familientag arbeitsfrei erhalten bleibt.
Fazit
Was für Familie wichtig ist, braucht gemeinsame Zeit und gemeinsames Tun.
ZusammenfassungFamilie ist kein abgeschottetes System. Einflüsse in der Lebens- und Feierkultur kommen von anderen Gesellschaftsbereichen in die Familie hinein. Es ist unvermeidbar, dass Einflüsse, die Eltern nicht passen, auch Bedeutung haben.
Nicht immer lassen die äußeren Umstände zu, das zu bekommen, was für die Familie wichtig ist. Familien sind abhängig von sehr bedeutenden Bezugspersonen der Kinder und davon, was sie vermitteln und wie sie das tun.
Was für Familie wichtig ist, braucht gemeinsame Zeit und gemeinsames Tun.
Familie ist die kleinste Zelle im Staat und in der Kirche und konstituiert für die Gesellschaft wesentliche Grundpfeiler. Wertevermittlung, Glaubensvermittlung, Orientierungshilfen, Konfliktstrategien geschieht wesentlich in der Familie.
Eltern sind heute damit oftmals überfordert und brauchen Partner für diese wichtigen Aufgaben – Schule, Pfarre, Kindergarten, Pfadfinder sind dabei großartige Helfer.
Damit Familien leben und feiern können – müssen wir als Kirche es mit ihnen tun.
LITERATUR
Familiaris consortio, Apostolisches Schreiben von Papst Johannes Paul II. an die Bischöfe, Priester und Gläubigen der ganzen Kirche über die Aufgaben der christlichen Familie in der Welt von heute. 22. November 1981. Hg. v. Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz. Bonn 7. Auflage 2011 (Verlautbarungen des Apostolischen Stuhls 33).
König, Franz Kardinal: Vorwort, in: Katholischer Familienverband Österreichs (Hg.): 50 Jahre Katholischer Familienverband Österreichs. Wien 2003 (Brennpunkt Familie; H. 84/85), 9–11.
Schüssel, Wolfgang: Vorwort, in: Katholischer Familienverband Österreichs (Hg.): 50 Jahre Katholischer Familienverband Österreichs. Wien 2003 (Brennpunkt Familie; H. 84/85), 16–17.