Der Beitrag entstand mit dem Auftrag, die Tagung der Liturgischen Kommission für Österreich (3. – 4.10.2022) zur rituellen Qualität mit pastoraltheologischem Blick kritisch zu begleiten. Schon die unterschiedlichen Rückmeldungen während der Tagung machten deutlich: Zur Liturgie hat fast jede·r in der Kirche eine Meinung und eigene Erfahrungen. Es ist ein Thema, das kaum jemanden im kirchlichen Raum kalt lässt – vor allem aber betrifft es jene, die in irgendeiner Form als Gottesdienst-feiernde, vor allem aber als Mitgestaltende engagiert sind.
Univ.-Prof. Dr. Johann Pock
ist Professor für Pastoraltheologie und Kerygmatik an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien.
Benedikt Kranemann
Liturgie und Ritualität
Abstract: H|D 77 (2023) 62–70
In der Krise der Liturgie muss die rituelle Qualität des Gottesdienstes stärker Beachtung finden. Handlungskompetenz, Körperlichkeit, Deutungs- und Rezeptionsvielfalt sowie Identitätsbildung spielen dabei eine Rolle. Zugleich dürfen die problematischen Seiten von Ritualen nicht ausgeblendet werden. Ohne eine stärkere Wahrnehmung der Ritualität von Liturgie ist jedoch eine weitere Gefährdung des Gottesdienstes der Kirche zu befürchten.
Prof. Dr. Benedikt Kranemann
ist Professor für Liturgiewissenschaft an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Erfurt.
Andreas Redtenbacher
Ars celebrandi – Perfomance – rituelle Qualität
Abstract: H|D 77 (2023) 55–61
Der Beitrag fragt einleitend nach dem inneren Wesen von Liturgie und arbeitet anhand der Begriffe Ars celebrandi, Perfomance, rituelle Qualität unterschiedliche Aspekte qualitätsvollen gottesdienstlichen Handelns heraus. In Anlehnung an einen wirtschaftlichen Qualitätsbegriff formuliert er schließlich für die Liturgie das Kriterium, dass das Tun den tragenden Grund des Handelns angemessen erfahrbar machen muss. Rituelle Qualität müsse „die Kundenfreundlichkeit Gottes sichtbar, aber auch wirksam werden lassen“.
Univ.-Prof. Dr. Andreas Redtenbacher CanReg.
ist Direktor des Pius-Parsch-Instituts, Inhaber des Lehrstuhls für Liturgiewissenschaft an der Vinzenz Pallotti Universität in Vallendar und Mitglied im Redaktionsteam von Heiliger Dienst.
Stefan Gugerel
Rituale im säkularen Raum
Anregungen und Abschreckungen
Abstract: H|D 77 (2023) 49–54
Der Beitrag skizziert knapp Rituale zum Amtsantritt politischer Amtsträger·innen, akademische Graduierungsfeiern und ritualisierte Merkmale von James Bond Filmen. Ausgehend davon plädiert er für ein unbefangenes Studium zeitgenössischer säkularer Rituale und das Fruchtbarmachen der Ergebnisse für die liturgische Bildung der Gemeinden und liturgischen Dienste.
MMag. Stefan Gugerel
war Assistent für Liturgiewissenschaft an der Katho- lischen Privatuniversität Linz. Seit 2015 ist der Militärpfar-rer auch Leiter des Instituts für Religion und Frieden der Katholischen Militärseelsorge in Österreich.
Rudolf Pacik
Der Liturgie Raum geben
Abstract: H|D 77 (2023) 43–48
Die ganze Gemeinde feiert Gottesdienst; alle Gläubigen sind berufen, tätig teilzunehmen. Diese lange vergessene Wahrheit hat das Zweite Vatikanische Konzil aufgegriffen und zum Leitbild der Liturgiereform gemacht. Verständnis, Gestalt und Gebrauch des Kirchenraums sind davon geprägt.
Univ.-Prof. Dr. Rudolf Pacik
pensionierter Professor für Liturgiewissenschaft in Salzburg und akademisch ausgebildeter Organist, ist langjähriges Redaktionsmitglied von Heiliger Dienst.
Antanina Kalechyts
Musik – ein integrierender
Bestandteil des Gottesdienstes
Abstract: H|D 77 (2023) 32–42
Musik im Gottesdienst wirkt auf die einzelnen Kirchenbesucher und auf die ganze versammelte Gemeinde. Dabei werden verschiedene Ebenen der Wahrnehmung angesprochen. Diverse physische und psychische Prozesse wirken in allen einzelnen Teilnehmer·innen des Gottesdienstes als Zuhörer·innen, Musiker·innen, Lektor·innen oder auch beim gemeinsamen Musizieren in Interaktion zusammen und tragen damit wesentlich zum Erleben der Liturgie bei. Ausführung und Qualität der Kirchenmusik sind daher gewichtige Elemente der Gestaltung des Gottesdienstes und erfordern Verantwortung und Sorgfalt.
Univ.-Prof. Dr. Antanina Kalechyts
ist Professorin für Gregorianik und Liturgik an der Universität für Musik und Darstellende Kunst in Wien.
Alexander Zerfaß
Mehr als nur Kommunikation
Von der Sprache im Ritual
Abstract: H|D 77 (2023) 17–31
Rituale als gemeinschaftliche, überindividuelle Handlungsformen folgen gewissen Gesetzmäßigkeiten. Die gelten auch für die Sprache als Teil dieser Vollzüge: Das komplexe und hochdifferenzierte Sprechhandeln im Ritual ist analog zur Poesie mehr als Kommunikation und Informationsweitergabe. Sprache im Ritual will in Form und Inhalt mit einer gewisse Distanz zur Alltagskommunikation einen außeralltäglichen Raum eröffnen, der den Alltag überschreiten lässt und es den einzelnen Teilnehmer·innen ermöglicht, auf ihre je eigene Weise dem im Ritual transportierten Sinnüberschuss zu begegnen.
Univ.-Prof. Dr. Alexander Zerfaß
ist Professor für Liturgiewissenschaft und Sakra- mententheologie an der Kath.-Theol. Fakultät der Universität Salzburg.