Schon in den ältesten Schichten des Gregorianischen Chorals finden sich nicht wenige Gesänge, die im weitesten Sinn als „marianisch“ bezeichnet werden können, vor allem in der Tagzeitenliturgie. Mit den Methoden der Allegorese werden biblische Texte auf Maria bezogen, z. B. auf ihre Rolle im Heilsmysterium. Besondere biblische Textquellen sind Psalm 45 (44) und das Hohelied. Hoheliedantiphonen nehmen schon im 10. Jh. einen prominenten Platz im Offizium ein. Von großer Bedeutung werden im Hoch- und Spätmittelalter die marianischen Kommemorations- bzw. Schlussantiphonen, von denen z. B. mehr als 35 im Vorauer Antiphonale, Vorau Hs. 287, stehen. Ein Juwel ist die Sequenz von Petrus Abelard Epithalamica Cantica, welche Texte des Hoheliedes mit der Auferstehung Christi und dem Osterfest in Verbindung bringt. Zahlreich sind auch jene Gesänge, die Maria als Fürsprecherin und Helferin anrufen.
Univ.-Prof. Dr. Franz Karl Praßl
ist Liturgiewissenschaftler und emeritierter Professor für Gregorianik und Geschichte der Kirchenmusik an der Kunstuniversität Graz und lehrt seit 2011 auch am Pontificio Istituto di Musica Sacra in Rom.
Elisabeth Birnbaum
Maria in der Rezeption
Abstract: H|D 77 (2023) 131–140
Von Maria, der Mutter Jesu, ist im Neuen Testament nicht viel zu lesen. Durch kreative Kompilation von alt- und neutestamentlichen Bibeltexten und der Verknüpfung von biblischen und legendarischen Motiven entsteht jedoch ein vielgestaltiges Bild.
Dr.in Elisabeth Birnbaum
Mitglied in der Redaktion von Heiliger Dienst, ist promovierte Alttesta-mentlerin und leitet das Österreichische Katholische Bibelwerk in Wien.
Peter Spichtig
Der Rosenkranz unserer Lieben Frau
Abstract: H|D 77 (2023) 125–130
Der Rosenkranz war formal nie Teil der Liturgie, gilt aber als typische katholische Gebetspraxis. Aus der persönlichen Perspektive eines Dominikaners – der Orden verbreitet und pflegt diese Form der Marienfrömmigkeit seit dem Mittelalter – spürt der Beitrag dem Erfolg des Rosenkranzgebets nach, erschließt seine biblischen Bezüge und die geistliche Tiefe, die sich im betrachtenden Wiederholen der christologischen Heilsgeheimnisse öffnen kann.
Pater Peter Spichtig OP
ist Sekretär der Liturgischen Kommission der Schweizer Bischofskonferenz, fachlicher Mitarbeiter im Liturgischen Institut in Freiburg i. Ue. und Oberer der Dominikanergemeinschaft in Zürich.
Elena Deinhammer
Marianische Stundenliturgie
Das Marienoffizium, Officium parvum BMV
Abstract: H|D 77 (2023) 119–124
Das Officium parvum Beatae Mariae Virginis ist ein seit dem Hochmittelalter bestehendes Zusatz- bzw. Votivoffizium zu Ehren der Jungfrau Maria, das zusätzlich zum kanonischen Offizium gebetet wurde. Dieser Beitrag skizziert die historische Entwicklung dieser Form des Stundengebets, zeigt aber auch die zahlreichen noch bestehenden Forschungslücken auf.
Mag.a Elena Deinhammer BA B. A.
arbeitet als Universitäts-assistentin an der Katholischen Privat-Universität Linz sowie als Schriftleiterin der Zeitschrift „Archiv für Liturgiewissenschaft“.
Predrag Bukovec
Marialis cultus
Die Marienfeste im Kirchenjahr und ihre Euchologie
Abstract: H|D 77 (2023) 106–118
Maria nimmt im Kirchenjahr eine Sonderstellung ein, was zum einen am historischen Wachstum ihrer Feste liegt und zum anderen mit ihrem spezifischen Ort im Glaubensleben zusammenhängt. Der Beitrag geht mit Hilfe eines Dreischrittes vor: Nach einer Bestandsaufnahme der Marienfeste werden die liturgischen Eigentexte besprochen, um schließlich daraus einige grundlegende liturgietheologische Beobachtungen zu beleuchten.
Dr. Dr. Predrag Bukovec
ist Assistenzprofessor am Institut für Liturgiewissenschaft und Sakramententheologie an der Katholischen Universtität Linz und Redaktionsmitglied von Heiliger Dienst.
Liborius Olaf Lumma
Die biblischen Lesungen an
Marienhochfesten und Marienfesten
Abstract: H|D 77 (2023) 95–105
Das Zweite Vatikanische Konzil war um eine neue christologische Fokussierung der Liturgie bemüht (SC 104.106), zugleich sollten die Leseordnung der Eucharistiefeier erheblich überarbeitet werden (SC 51) und die hohe Bedeutung Marias im Kirchenjahr erkennbar bleiben (SC 103). Der folgende Beitrag stellt die heutigen biblischen Lesungen der Marienhochfeste und -feste vor und vergleicht sie mit der vorkonziliaren Leseordnung und mit derjenigen des byzantinischen Ritus. Dabei werden sowohl das Bemühen um Kontinuität in der Feier dieser Festtage wie auch christologische und marianische Neuakzentuierungen sichtbar.
Priv.-Doz. Dr. Liborius Olaf Lumma
ist Liturgiewissenschaftler und derzeit Studiendekan an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Innsbruck und langjähriges Mitglied der Redaktion von Heiliger Dienst.
Theresia Heimerl
Maria als Identifikationsfigur im
21. Jahrhundert
Abstract: H|D 77 (2023) 90–94
Frauen der römisch-katholischen Kirche Deutschlands starteten 2019 eine Protestaktion für Aufklärung und gegen Diskriminierung und Missstände in der Kirche. Die Bewegung nennt sich „Maria 2.0“. Maria als Identifikationsfigur?
Der Beitrag reflektiert verschiedene Zuschreibungen Marias (Mutter, Mädchen, Beschützerin, Himmelskönigin, Jungfrau) und arbeitet das – durchaus widerständige – Potenzial für Frauen im 21. Jahrhundert heraus. (Red.)
Ao. Univ.-Prof. MMag. DDr. Theresia Heimerl
ist Hochschullehrerin für Katholische Theologie und Religionswissenschaften an der Universität Graz.