Der Beitrag skizziert knapp Rituale zum Amtsantritt politischer Amtsträger·innen, akademische Graduierungsfeiern und ritualisierte Merkmale von James Bond Filmen. Ausgehend davon plädiert er für ein unbefangenes Studium zeitgenössischer säkularer Rituale und das Fruchtbarmachen der Ergebnisse für die liturgische Bildung der Gemeinden und liturgischen Dienste.
MMag. Stefan Gugerel
war Assistent für Liturgiewissenschaft an der Katho- lischen Privatuniversität Linz. Seit 2015 ist der Militärpfar-rer auch Leiter des Instituts für Religion und Frieden der Katholischen Militärseelsorge in Österreich.
Rudolf Pacik
Der Liturgie Raum geben
Abstract: H|D 77 (2023) 43–48
Die ganze Gemeinde feiert Gottesdienst; alle Gläubigen sind berufen, tätig teilzunehmen. Diese lange vergessene Wahrheit hat das Zweite Vatikanische Konzil aufgegriffen und zum Leitbild der Liturgiereform gemacht. Verständnis, Gestalt und Gebrauch des Kirchenraums sind davon geprägt.
Univ.-Prof. Dr. Rudolf Pacik
pensionierter Professor für Liturgiewissenschaft in Salzburg und akademisch ausgebildeter Organist, ist langjähriges Redaktionsmitglied von Heiliger Dienst.
Antanina Kalechyts
Musik – ein integrierender
Bestandteil des Gottesdienstes
Abstract: H|D 77 (2023) 32–42
Musik im Gottesdienst wirkt auf die einzelnen Kirchenbesucher und auf die ganze versammelte Gemeinde. Dabei werden verschiedene Ebenen der Wahrnehmung angesprochen. Diverse physische und psychische Prozesse wirken in allen einzelnen Teilnehmer·innen des Gottesdienstes als Zuhörer·innen, Musiker·innen, Lektor·innen oder auch beim gemeinsamen Musizieren in Interaktion zusammen und tragen damit wesentlich zum Erleben der Liturgie bei. Ausführung und Qualität der Kirchenmusik sind daher gewichtige Elemente der Gestaltung des Gottesdienstes und erfordern Verantwortung und Sorgfalt.
Univ.-Prof. Dr. Antanina Kalechyts
ist Professorin für Gregorianik und Liturgik an der Universität für Musik und Darstellende Kunst in Wien.
Alexander Zerfaß
Mehr als nur Kommunikation
Von der Sprache im Ritual
Abstract: H|D 77 (2023) 17–31
Rituale als gemeinschaftliche, überindividuelle Handlungsformen folgen gewissen Gesetzmäßigkeiten. Die gelten auch für die Sprache als Teil dieser Vollzüge: Das komplexe und hochdifferenzierte Sprechhandeln im Ritual ist analog zur Poesie mehr als Kommunikation und Informationsweitergabe. Sprache im Ritual will in Form und Inhalt mit einer gewisse Distanz zur Alltagskommunikation einen außeralltäglichen Raum eröffnen, der den Alltag überschreiten lässt und es den einzelnen Teilnehmer·innen ermöglicht, auf ihre je eigene Weise dem im Ritual transportierten Sinnüberschuss zu begegnen.
Univ.-Prof. Dr. Alexander Zerfaß
ist Professor für Liturgiewissenschaft und Sakra- mententheologie an der Kath.-Theol. Fakultät der Universität Salzburg.
Reinhard Meßner
Die rituelle Handlungsform des Gottesdienstes
Abstract: H|D 77 (2023) 1–16
Liturgie wird in den christlichen Kirchen im Kontext heutiger westlicher Gesellschaften – zum Teil auch entgegen einem zu beobachtenden Erstarken rituellen Verhaltens zumindest in Teilen dieser Gesellschaften – immer noch höchst einseitig von ihren Inhalten, von den in ihr und durch sie kommunizierten Botschaften her ins Auge gefasst. Der Beitrag nimmt gegen dieses intellektualistische Missverständnis von Liturgie eine andere Perspektive ein, indem er die Handlungsform des Gottesdienstes als Ritual, d. h. als eine besondere Weise menschlichen Körperverhaltens beschreibet.
Univ.-Prof. Dr. Reinhard Meßner
ist Professor für Liturgiewissenschaft an der Kath.-Theol. Fakultät der
Universität Innsbruck.
Christoph Freilinger
»Lass uns eins werden durch den Heiligen Geist«
Abstract: H|D 76 (2022) 312–320
Menschen sehnen sich nach Einheit in Vielfalt und Versöhnung. Auch in der Kirche sind das längst nicht allgemein erfahrbare Realitäten. Aber die Liturgie, die das Leben in der Vollendung Gottes „vorauskostet“, stellt im rituellen Vollzug versöhntes Leben dar und bewirkt es dadurch. Der Beitrag zeigt dies exemplarisch an den Vollzügen des Versammelns, der Schriftverkündigung, des Friedensritus und des eucharistischen Mahls. Als Voraussetzung wird einleitend ein Zugang zum Verständnis symbolischer Inszenierung skizziert.
Dr. Christoph Freilinger
ist wissenschaftlicher Mitarbeiter im Österreichischen Liturgischen Institut und Schriftleiter von Heiliger Dienst.
Józef Niewiadomski
Ostern überwindet die Vergeltung
Zur Aufhebung von Opfer-Täter-Identitäten
Abstract: H|D 76 (2022) 304–311
Ausgehend vom Film „The Railway Man“ zeigt der Beitrag, wie die Konstellation Opfer – Täter Menschen auf eine schier unüberwindbare Trennung festlegt und die Persönlichkeiten beider tiefgehend de-formiert. Die Überwindung der Spaltung geschieht nicht über einen ethischen Imperativ zur Versöhnung, sie wird aufgebrochen durch die Liebe einer dritten, nicht deformierten Person. Das gilt analog für das Kreuzesgeschehen: Der seit je vom Vater geliebte Sohn kann die Opferidentität in der liebenden Hingabe an den Vater transformieren.
Die Auferweckung bestätigt die Überwindung der Spaltung – das Gericht (vgl. Mt 25,31–46) hat nicht das letzte Wort; am Ende steht die Erlösung der Opfer und der Täter.
Univ.-Prof. Dr. Józef Niewiadomski
war bis 2019 Professor für Dogmatik am Institut für Systematische Theologie an der Universität Innsbruck.